Die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH ist die Immobiliendienstleisterin des Landes und kümmert sich um mehr als 5.000 Liegenschaften Berlins. Für das Erreichen der Klimaschutzziele und die Transformation des öffentlichen Gebäudebestandes der Hauptstadt hin zu mehr Energieeffizienz fällt der BIM eine Schlüsselrolle zu. Geschäftsführerin Birgit Möhring gewährt einen Einblick in die Ziele des Unternehmens, stellt die Herausforderungen für nachhaltiges Bauen dar und erläutert, wie es um die eigene CO₂-Bilanz der BIM bestellt ist.
Ein Gastbeitrag der BIM.
Die ehemalige Bezirksgärtnerei Tempelhof-Schöneberg dient nun als Ausgleichsfläche.
Alexander Mittag (BIM): Was bedeutet nachhaltiges Bauen im Kontext der BIM und ihrer Aufgabenfelder?
Birgit Möhring: Nachhaltiges Bauen bedeutet für uns zunächst allgemein, dass wir bei der Planung und der Ausführung unserer Maßnahmen neben wirtschaftlichen auch ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen. Als landeseigene Immobiliendienstleisterin haben wir den Anspruch, in Berlin eine Vorreiterrolle einzunehmen. Wir wollen nicht nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, sondern darüber hinaus einen Beitrag zum Klimaschutz, zur Ressourcenschonung und somit auch zur Verbesserung der Lebensqualität in unserer Stadt leisten.
Mittag: Welche Rolle spielen innovative Technologien und Materialien für nachhaltiges Bauen?
Möhring: Um die ehrgeizigen Klimaschutzziele des Landes erreichen zu können, sind wir auf Weiterentwicklungen im Bereich der Technologie und der Baumaterialien angewiesen. Nur so wird es uns gelingen können, im Verlauf der nächsten Jahrzehnte von der Vision zur Realität zu kommen. Hierzu gerne ein Beispiel: Die simpel anmutende Umrüstung der Innenbeleuchtung eines Gebäudes von herkömmlichen Leuchtmitteln auf LED spart bereits eine erhebliche Menge CO₂ ein. Diese quick wins haben wir bereits in einem Großteil unseres Gebäudebestandes umgesetzt. Bei Baumaßnahmen hingegen setzten wir zum Beispiel auf Baustoffe, die langfristig verfügbar, klimaneutral hergestellt, recycelt, schadstoffarm und wiederverwendbar sind – ein wichtiger Beitrag für nachhaltiges Bauen. Und weil Sie konkret nach Technologien gefragt haben: Dachflächen, die sich nach heutigem Stand der Technik noch nicht für Photovoltaik-Anlagen eigenen, können vielleicht in einigen Jahren doch wieder interessant werden, weil sich die Effizienz der Anlagen weiter verbessert hat.
Mittag: Wie setzen Sie die Anforderungen des Landes Berlin für nachhaltiges Bauen in Ihren Projekten um? Welche Beispiele können Sie aus der Praxis benennen?
Möhring: Das große Ziel der Klimaneutralität Berlins bis spätestens 2045 schwebt über allen Maßnahmen und wird von uns in die konkreten Projekte im Gebäudebestand übersetzt. Das wichtigste Instrument hierfür ist der Sanierungsfahrplan klimaneutrale Stadt,[1] der kleine wie große Vorhaben umfasst. Lassen Sie mich hierzu auf zwei prominente Beispiele in unserem Bestand blicken. Die Modellprojekte „Haus der Statistik“ in Berlin-Mitte und „Rathausblock“ in Friedrichshain-Kreuzberg wurden durch den Runden Tisch Liegenschaftspolitik ja bisher vor allem durch die kooperative Mitwirkung der Zivilgesellschaft wahrgenommen. Doch auch aus Perspektive des nachhaltigen Bauens stellen sie für uns echte Modellprojekte dar. So konnten im Zuge der Entkernung der Bestandsgebäude am Haus der Statistik 1.200 Tonnen Gipsabfälle recycelt und dem Kreislauf wieder zugefügt werden. Die Sanierung der Bestandsgebäude erfolgt mit einer Zertifizierung nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Die Quartiersentwicklung rund um das „Dragonerareal“ verknüpfen wir gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern mit den drei Säulen der Nachhaltigkeit. Aus ökologischer Perspektive sind für beide Quartiere eine Wärme- und Kälteversorgung durch Nutzung der Abwässer und die Installation von Photovoltaik-Anlagen zum Betrieb der bivalenten Wärmepumpen geplant.
„Die Realisierung des Ökokontos ist für uns ein wichtiger Schritt im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung.“
Birgit Möhring, Geschäftsführerin BIM GmbH
Mittag: Auch das nachhaltige Bauen braucht Platz und führt zur Versiegelung von Flächen. Welche Antwort hat die BIM auf diese Problematik?
Möhring: Wir versuchen mit unseren Bauvorhaben möglichst wenig in Natur und Landschaft einzugreifen. Immer verhindern lässt sich das natürlich nicht, wir streben jedoch die Netto-Null an Neuversieglung an. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Neubau von sechs dringend benötigten Wachen für die Freiwillige Feuerwehr. Diese Wachen werden zum Großteil auf der „grünen Wiese“ entstehen bzw. sind dort bereits entstanden, wodurch Boden versiegelt wird. Um diese Eingriffe ausgleichen zu können, hat die BIM das erste naturschutzrechtliche Ökokonto Berlins auf den Weg gebracht und auf dem Gelände der ehemaligen Bezirksgärtnerei Tempelhof-Schöneberg realisiert. Ziel des Ökokontos ist es, renaturierte Flächen als Ausgleich für landeseigene Baumaßnahmen in Berlin zu schaffen, bei denen u. a. Sträucher, Gehölz und Wiesen weichen müssen und der Boden versiegelt wird. Gleichzeitig soll ein Guthaben für zukünftige Projekte der BIM aufgebaut werden. Ganz praktisch betrachtet: Wo früher die Gewächshäuser der Bezirksgärtnerei standen, wurden 60 Bäume und über 450 Sträucher gepflanzt sowie 14.000 m² Frischwiese und rund 16.000 m² Trockenrasen eingesät. Das entspricht ca. 1.600 Wertpunkten. Ca. 500 Wertpunkte werden für die Feuerwachen benötigt, die zusätzlichen stehen für den Ausgleich weiterer Maßnahmen bereit. Die Realisierung dieses ersten naturschutzrechtlichen Ökokontos ist für uns ein wichtiger Schritt im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung.
Für die BIM auch aus Nachhaltigkeitsperspektive ein Modellprojekt: die Sanierung des Haus der Statistik. 1.200 Tonnen Gips wurden beim Abbruch recycelt. Die Sanierung wird nach dem Bewertungssystem nachhaltiges Bauen (BNB) zertifiziert.
Mittag: Kooperiert die BIM bereits mit anderen Akteuren aus der Bauwirtschaft oder der Zivilgesellschaft, um nachhaltiges Bauen zu fördern?
Möhring: Der kontinuierliche Austausch mit anderen Akteuren ist für uns von großer Bedeutung. Deshalb ist die BIM Mitglied im Netzwerk C2C – „Cradle to Cradle“ geworden – gemeinsam mit anderen Städten, Landkreisen und Unternehmen. In dem Netzwerk geht es um das Lernen voneinander und den Transfer von Wissen. Welche Ansätze verfolgen andere Kommunen? Was funktioniert zum Beispiel in Aachen oder Köln und könnte auch für unseren Immobilienbestand interessant sein? Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, dann müssen wir offen sein für Innovationen und dürfen den Blick über den Tellerrand hinaus nicht scheuen. Hierfür sind wir u.a. auch in der Fördergemeinschaft Bauwesen aktiv, um den Austausch mit den baubezogenen Studiengängen der Berliner Hochschule für Technik und anderer Hochschulen zu fördern. Darüber hinaus haben wir mit verschiedensten Akteuren in der Stadt ein Netzwerk rund um das Thema dezentrale Regenwasserbewirtschaftung aufgebaut und wollen erste Pilotprojekte umsetzen. Die Transformation Berlins hin zu einer „Schwammstadt“ ist für uns ein weiterer Aspekt, der auf das Thema nachhaltiges Bauen einzahlt und der in Zukunft in unseren Portfolios weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die Einwohnerzahl unserer Stadt wächst stetig, doch die zentralen Abwassersysteme können nicht problemlos mitwachsen. Bereits heute ist das Mischsystem bei Starkregen ausgelastet. Durch die Abkopplung eines Objektes von der Abwasserkanalisation entlastet man nicht nur das Kanalsystem, sondern vermeidet auch sogenannte Mischwasserüberläufe bei Starkregen. Ziel ist es, dass das Regenwasser vollständig vor Ort bewirtschaftet wird.
Mittag: Welche Herausforderungen gibt es aus Ihrer Sicht, um den Aspekt der Nachhaltigkeit im Bauen noch stärker zu verankern?
Möhring: Hier spielen gleich mehrere Aspekte eine Rolle. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist natürlich die notwendige Finanzierung der Maßnahmen. Wir erhoffen uns, dass die BIM in diesem Bereich auch von dem neuen Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ profitieren wird. Für die Umsetzung der Maßnahmen sind wir dann auf das entsprechende Knowhow angewiesen – zum einen, was Fachkräfte intern in unserem Baumanagement und in unserer Immobilienbewirtschaftung angeht, als auch extern bei unseren Dienstleistern. Wir beobachten bereits heute mit Sorge, dass sich immer weniger Firmen an unseren Ausschreibungen beteiligen, weil ihnen die Kapazitäten fehlen. Die Verfügbarkeit von Fachkräften ist vor dem Hintergrund der angestrebten Transformation unserer Stadt ein nicht zu unterschätzender Faktor. Gleiches gilt für die Vereinbarkeit der Klimaschutzmaßnahmen mit den Vorgaben des Denkmalschutzes. Betrachten wir alleine die 1.000 Gebäude im Bestand, die größer als 250 Quadratmeter sind, dann stehen rund 40 Prozent unter Denkmalschutz. In der Vergangenheit hat es an verschiedenen Stellen Zielkonflikte mit den Denkmalschutzbehörden gegeben. Mittlerweile sehe ich uns hier aber durch einen engen Austausch mit dem Landesdenkmalamt auf einem guten Weg. Klimaschutz und Denkmalschutz müssen zusammen funktionieren und schließen sich nicht aus.
Mittag: Wie wird denn Nachhaltigkeit innerhalb der BIM gelebt?
Möhring: Nachhaltigkeit ist für uns ein ganzheitlicher Ansatz, der sich in verschiedensten Feldern in unserem Unternehmen wiederfindet. Auf der institutionellen Ebene hat die BIM einen Nachhaltigkeitsbeauftragten. Zweijährig geben wir auch einen Nachhaltigkeitsbericht heraus, um Fortschritte bei der Implementierung eines systematischen Nachhaltigkeitsmanagements zu dokumentieren. Hierin berichten wir nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) über die für uns relevanten sozialen, ökonomischen und ökologischen Handlungsfelder. Neben dem Nachhaltigkeitsprogramm als Säule des Nachhaltigkeitsmanagements haben wir auch eine AG „365 nachhaltig“ ins Leben gerufen, in der sich Kolleginnen und Kollegen freiwillig engagieren. Durch Beiträge und Aktionen zeigen sie u. a. auf, wie einfach nachhaltiges Handeln im beruflichen und privaten Alltag sein kann. Nachhaltig leben und arbeiten bedeutet nicht nur Verzicht und Anstrengung, sondern es kann auch Spaß und Freude bereiten.
Mittag: Könnte die BIM ein CO₂-neutrales Unternehmen werden?
Möhring: Das ist unser Ziel – und zugleich Ansporn für die weiteren Maßnahmen in unserem Unternehmen. Auch wir müssen einen Transformationspfad einschlagen. Als ersten Schritt haben wir einen Meilensteinplan aufgestellt, der mehrere Phasen vorsieht. Am Anfang geht es darum, Arbeitspakete zu definieren und eine Ist-Analyse durchzuführen. Hierauf aufbauend entwickeln wir Maßnahmen zur Umsetzung. Wichtig ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Weg mitgenommen werden. Nur so lässt sich Nachhaltigkeit auch wirklich mit Leben erfüllen. Bis zum Ende des Jahres 2028 soll die CO₂-neutrale BIM in unseren Flächen in der Keibelstraße und dann im ehemaligen Haus der Statistik Realität sein.
Zum Weiterlesen
Böcker, Christ et al. (2021): Wie wird weniger genug? München: oekom.
Fußnoten
[1] BIM (2022): Sanierungsfahrplan für die Gebäude des Sondervermögens Immobilien des Landes Berlin (SILB). https://www.bim-berlin.de/fileadmin/Bilder_BIM_Website/5_Presse/Publikationen/SFP_SILB_20220504.pdf / archive.org-Link