Forderungskatalog des Runden Tischs zur Liegenschaftspolitik zur Umsetzung der neuen Liegenschaftspolitik des Landes Berlin

Stand 9.10.2013

Präambel

Akteure der Berliner Zivilgesellschaft und Abgeordnete von SPD, CDU, Grüne, Linke und Piraten haben gemeinsam einen Runden Tisch zur Liegenschaftspolitik ins Leben gerufen, der seit November 2012 regelmäßig im Berliner Abgeordnetenhaus tagt.

Ziel des Runden Tisches ist es, das Vorhaben einer neuen Liegenschaftspolitik als Instrument einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu unterstützen und zu beraten. Das bedeutet insbesondere die Abkehr vom Primat des Abverkaufs der landeseigenen Grundstücke zum Höchstpreis.

Begleitet von Fachtagungen hat sich der Runde Tisch in sieben Sitzungen intensiv mit der Herausforderung der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik beschäftigt.

Der Runde Tisch fordert die Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses auf, einen fraktionsübergreifenden Beschluss zu fassen um den Senat anzuhalten, bei der Umsetzung der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

  • 1

    Die Geschäftsordnung des Portfolioausschusses ist ebenso wie die Geschäftsordnung des Steuerungsausschusses dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorzulegen.

  • 2

    Etablierung eines Beratungsgremiums (Arbeitstitel: „Rat für die Räume“), welches die Mitglieder des Portfolioausschusses berät. Dieses Gremium soll sich aus Vertretern der Stadtgesellschaft zusammensetzen und soll über alle Vorgänge, die dem Portfolioausschuss zur Beratung vorgelegt werden, informiert werden. Die Berufung der Vertreter erfolgt durch die Teilnehmer des Runden Tisches. Dieses Gremium hat ein beratendes Mandat, seine Empfehlungen sind bei den Entscheidungen des Portfolioausschusses zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung der Empfehlungen des Beratungsgremiums ist zu begründen. Befürwortet wird ein Stimmrecht des Rates im Lenkungsausschuß bzw. Portfolioauschuß.

  • 3

    Der Vorsitz des Portfolioausschusses obliegt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Dagegen obliegt der Senatsverwaltung für Finanzen der Vorsitz des Steuerungsausschusses. Analog dazu sollen die Zuständigkeiten im Abgeordnetenhaus angepasst werden.

  • 4

    Nach Abschluss des Clusterungsverfahrens soll entschieden werden ob der Liegenschaftsfonds das wesentliche Instrument für die operative Ausgestaltung der Liegenschaftspolitik des Landes Berlin bleibt oder ob weitere Organisationsformen geschaffen werden müssen. Der Treuhandvertrag des Liegenschaftsfonds, seine Struktur und Personalausstattung sind an die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik anzupassen.

  • 5

    Grundstücke, die zur Vermarktung vorgesehen sind, sind stets in dem Verfahren anzubieten, dass zur Umsetzung der stadtentwicklungspolitischen Ziele am besten geeignet ist. Die verschiedenen Verfahren sind dabei grundsätzlich gleichberechtigt. Der Verkauf zum Höchstpreis ist ausnahmsweise zulässig, wenn die stadtentwicklungspolitischen Ziele so hinreichend definiert und gesichert sind, dass nur der Angebotspreis als unterscheidendes Kriterium verbleibt. Dies ist
    zu dokumentieren.

    Für Vergaben nach stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen sollen behutsame und dialogische Vergabeverfahren entwickelt und angewendet werden, sog. „Konzeptverfahren“. Konzeptverfahren sollen in der Regel mit Festpreisen durchgeführt werden, die in begründeten Fällen auch unter dem gutachterlichen Verkehrswert liegen können, um sozial ausgerichtete Bodennutzungen zu ermöglichen. Bei den Verfahren ist darauf zu achten, den Bewerbern ausreichend Zeit zur Entwicklung ihrer Projekte zu gewähren, die Öffentlichkeit zu beteiligen und eine sukzessive Übergabe der Nutzungsrechte einzuführen. Die Bewertungskriterien und die entsprechenden Matrizen sollen öffentlich gemacht und fortlaufend evaluiert werden. Ein Aussetzen von Bewertungskriterien durch erhöhte Kaufgebote ist unzulässig. Der Rat für die Räume hat in jedem Fall die Gelegenheit, an den Verfahren mitzuwirken bzw. vor der Zuschlagserteilung Einsicht zu nehmen und öffentlich Stellung zu beziehen.

  • 6

    Die Vergabe von Liegenschaften im Erbbaurecht soll aufgrund der möglichen fiskalischen sowie stadtentwicklungspolitischen Vorzüge für das Land Berlin und des Vorzugs eines niederschwelligen Zugangs zu Liegenschaften für finanzschwächere Nutzergruppen und Investorengemeinschaften fester Bestandteil einer neuen Liegenschaftspolitik werden. Es ist zu prüfen und nach intensiver Erörterung mit den Akteuren der Stadtentwicklung zu entscheiden, ob die Vergabe im Erbbaurecht die Regel sein soll und grundsätzlich dem Verkauf vorrangig gehandhabt wird. Im Erbbaurechtsvertrag definierte Nutzungsziele und Zinsentgelte sind anhand formulierter Bewertungskriterien transparent und flexibel zu gestalten.

  • 7

    Der Liegenschaftsbestand des Landes Berlin wird als Raumkapital nachhaltig entwickelt. Künftig muss das Land Berlin auch wieder ankaufen, Reinvestitionen sind notwendig. Die Ausübung von Vorkaufsrechten gemäß § 24 BauGB soll möglich gemacht werden. Die Rolle der Bezirke in liegenschaftspolitischen Verfahren soll gestärkt  werden. Die Einrichtung eines revolvierenden Fonds zum Zwecke von Ankäufen mit den Einnahmen aus Verkäufen und Erbbaurechten ist zu prüfen. Ziel ist ein strategisches Flächenmanagement, das auch zukünftigen Bedarfen und Generationen Rechnung trägt.

  • 8

    [Nr. 8 fehlt]

  • 9

    In Zusammenarbeit mit Vertretern des kulturellen Lebens und der Kulturverwaltung sollen für künstlerische Nutzungen geeignete bzw. bereits genutzte Liegenschaften gemeinnützigen, nichtkommerziellen KünstlerInnengruppen gegen Zahlung symbolischer Entgelte bis maximal zur Höhe der Betriebskosten zur Verfügung gestellt werden. Sie verbleiben im Eigentum des Landes Berlin. Die Anwendung von Treuhändermodellen ist in jedem Einzelfall zu prüfen.

  • 10

    Die Zwischennutzungen landeseigender Liegenschaften sollten über ein geeignetes Management aktiv gefördert werden, um kulturellen, sozialen, gärtnerischen und ökologischen Initiativen Raum zu geben.

  • 11

    Kleingärten sind grundsätzlich zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Für Urban Gardening-Projekte und andereinnovative und inklusive Freiraumprojekte sollen geeignete Flächen permanent zur Verfügung gestellt werden.

  • 12

    Es ist ein öffentliches Liegenschaftskataster einzurichten, welches umfassende Informationen über Lage und Nutzungszwecke sowie soziale und ökologische Qualitäten von Grundstücken und Gebäuden im öffentlichen Eigentum erlaubt und damit eine wesentliche Grundlage für eine transparente Liegenschaftspolitik herstellt. Es ist zu prüfen, inwieweit ein solches Kataster auf der Grundlage von ‚open data‘ im Zusammenhang mit der Umstellung der Katasterdaten auf das neue System ALKIS erstellt werden kann.

  • 13

    Die personelle Zusammensetzung von Aufsichtsräten, Geschäftsführungen, Steuerungsausschüssen oder anderweitig an Entscheidungsprozessen zur Vergabe von Grundstücken des Landes Berlin beteiligten Gremien in den landeseigenen Beteiligungsgesellschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts oder Gesellschaften mit Beteiligung des Landes Berlin ist offenzulegen (Name, Funktion, Zeitraum der Gremienmitgliedschaft). Die Offenlegung erfolgt wo vorhanden durch Veröffentlichung auf den jeweiligen Webseiten der Gesellschaften und auf den Seiten der Senatsverwaltung für Finanzen. Sollte die Zusammensetzung der Gremien sich ändern, ist dies mit ausreichendem Abstand vor etwaigen Vergabebeschlüssen zu veröffentlichen, die Zusammensetzung der Gremien soll rückblickend für 10 Jahre einsehbar sein. Gesellschafterverträge/Satzungen, Jahresabschlüsse und Protokolle mit handelsregisterrelevanten Beschlüssen sind auf den Webseiten der Gesellschaften oder in das gemeinsame Registerportal der Länder einzupflegen.

Der Runde Tisch erwartet eine kooperative Haltung aller Fraktionen gegenüber dem Runden Tisch. Dies sollte sich neben der Umsetzung der Punkte 1-13 in der Durchführung von Arbeitsgruppen, Fachgesprächen und Konferenzen zur Ausarbeitung der Instrumente und Leitlinien einer neuen Liegenschaftspolitik in Kooperation mit dem Runden Tisch und den Senatsverwaltungen niederschlagen, bei denen externe (auch internationale) ExpertInnen angehört werden und die Berliner Öffentlichkeit angemessen und zeitnah informiert wird.

Unterzeichner*innen des

Forderungskatalogs des Runden Tischs zur Liegenschaftspolitik zur Umsetzung der neuen Liegenschaftspolitik des Landes Berlin

Stand 9.10.2013

Baumann, Leonie, Rektorin Kunsthochschule Berlin Weißensee / Initiative Stadt Neudenken
Brahm, Daniela, ExRotaprint gGmbH
Breiter, Jürgen, Initiative Stadt Neudenken
Esser, Joachim, MdA, GRÜNE
Evers, Stefan, MdA, CDU,
Griffin, Matthew, Team 11
Gutzmann, Gabriele, Initiative Stadtgärten und freies Grün
Haußdörfer, Ellen, MdA, SPD
Hofmann, Aljoscha, TU Berlin/Th!nk Berlin
Knoch, Christoph, Koalition der Freien Szene
Kotowski, Bernhard, bbk berlin, Berufsverband Bildender Künstler
Krüger, Andreas, Belius GmbH
LaFond, Michael, id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit
Lohner, Herbert, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Berlin e.V.
Lompscher, Katrin, MdA, LINKE
Nikolaus, Karsten, MdA, SPD
Novy-Huy, Rolf, Stiftung Trias
Schmidberger, Katrin, MdA, GRÜNE
Schmidt, Florian, Initiative Stadt Neudenken
Schönberg, Enrico, Mietshäusersyndikat Berlin Brandenburg
Schöningh, Christian, Zusammenarbeiter
von Rosen, Nikolai, Haben und Brauchen
Wild, Rainer, Berliner Mieterverein
Wohlrabe, Marc, Clubcomission Berlin
Zühlke, Rocco, open berlin