Mietergemeinschaft Rudolf Lehmbruck e.V.
Der Verein Mietergemeinschaft Rudolf Lehmbruck e.V. vertritt die Interessen der Mieter_innen Rudolfstr. 11 und Lehmbruckstr. 2. In der Lehmbruckstr. 2 wohnen größtenteils Mieter_Innen, die auf für sie bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind: Bezieher_innen von Transferleistungen, junge Familien, Alleinerziehende, Arbeiter_innen und Studierende. In der Rudolfstr. 11 arbeiten verschiedene Kleingewerbetreibende wie bildende und darstellende Künstlerinnen und Existenzgründer_innen aus kreativen Berufen, im Bereich des sozialen und friedenspolitischen Engagements, im Bildungsbereich sowie Gewerbetreibende der ärztlich-therapeutischen Grundversorgung.
Problem- und Potentiallage:
Das Objekt befindet sich im Besitz des Liegenschaftfonds und soll an die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM übertragen werden. Die Wohnungen und Gewerberäume verfügen größtenteils über einfache Ausstattungsstandards und ermöglichen somit günstigen Wohn- und Gewerberaum.
Die Mietverträge der Gewerbemieter_innen sind mit kurzen Kündigungsfristen ausgestattet und nicht vor Kündigungen geschützt. Die gesellschaftlichen Verdrängungsprozesse, die Friedrichshain und Kreuzberg seit einigen Jahren erleben, betreffen diese Freiberufler_innen in doppelter Weise, da sie nicht nur dem Druck durch steigende Wohnungsmieten ausgesetzt sind, sondern zudem in ihrer Wohnumgebung kaum noch die erschwinglichen Räume finden, auf die sie für ihr Wirken angewiesen sind. Mittlerweile hat sich das Angebot an solchen Flächen dermaßen verknappt, so dass eine Kündigung für einige Gewerbemieter_innen existenzbedrohend werden könnte.
Ebenso überschneiden sich Wohn- und Arbeitsnutzungen und zwischen Mieter_innen von Gewerbe- und Wohnflächen im Haus bestehen enge Beziehungen. Andere Mieter_innen der Gewerbeflächen wohnen in unmittelbarer Umgebung und sind seit langem mit dem Stadtteil eng verbunden.
Die Mieter_innen befürchten auf die Mieten umzulegende und nicht bedarfsgerechte Sanierungen und somit Mietsteigerungen die sie nicht tragen können. Die Gewerbemieter_innen befürchten zudem die Beendigung des Mietsverhältnisses. Die Befürchtungen stützen sich auf verschiedene Berichte in den Medien über die Praxen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. So verlangte z.B. jüngstens die GESOBAU nach Sanierung in der Pestalozzistr. 4 in Pankow teilweise mehr als das doppelte der Miete. Ebenso berichtete der Berliner Mieterverein schon 2011 über teilweise kräftige Preissteigerungen bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften nach Sanierung. Anfang 2011 versuchte die WBM bei Wohnungen im Nikolaiviertel den Mietspiegel auszuhebeln und teilw. erhebliche Mietsteigerungen durchzusetzen. Die Kündigung eines Lebensmittelladens der Nahversorgung am Rosenthaler Platz durch die WBM unter
Verweis auf eine um ein zehnfaches höher erzielbare Gewerbemiete (der Tagesspiegel berichtete) sehen wir als Indiz für gewinnorientiertes Handeln.
Wir bezweifeln dass die WBM mit der derzeitigen Politik und Aufgabe der städtischen Wohnungsbaugesellschaften die geeignete Trägerin für ein solches Objekt ist, da:
- Wohnungsbaugesellschaften ein Interesse an der Modernisierung ihrer Bestände haben, die Meiter_innen jedoch bereit sind niedrige Standards in Kauf zu nehmen, wenn sie dafür niedrige Mieten erhalten können,
- je nach politischer Konjunktur auch städtische Wohnungsbaugesellschaften privatisiert werden können – ihr sozialer Auftrag ist nicht auf Dauer,
- die Unterstützung von Kulturschaffenden und Existenzgründer_innen nicht zu ihrem Selbstverständnis gehört,
- die großen zentralisierten Verwaltungsstrukturen nicht flexibel auf spezifische Problemlagen reagieren können
- und darum nur eine Selbstverwaltung, die gewachsenen Potentiale im Objekt sinnvoll weiterentwickeln kann und Wohnungsbaugesellschaften bislang keine Modelle zu selbiger anbieten.
Eine auf den schon entstanden Vernetzungen im Kiez und Haus aufbauende Selbstverwaltung ermöglicht eine Entwicklung des Objekts entlang der Bedürfnisse der derzeitigen Nutzer_innen sowie zu einem Stadtteil- und Kieznahen Ort, der dessen vorhandene Struktur weiter trägt, sowie sozialverträgliche Mieten, Raum für junge Künstler_innen und Kulturschaffende bietet, und soziale Einrichtungen erhält.
Liegenschaftspolitische Forderung:
Um sowohl den Bedürfnissen an Erhalt bezahlbaren Wohn- und Gewerberaums als auch einer weiteren Kiez Entwicklung gerecht zu werden, fordert die Mietergemeinschaft, die Verwaltung und Bewirtschaftung des Objektes in die Eigenverantwortlichkeit der Mieter_innen zu übergeben. Sie kennen ihre eigenen Bedürfnisse am besten und können daher am bedarfsgerechtesten Handeln. Die Mietergemeinschaft hält im konkreten Fall ein Eigentumsmodell wie das Mietshäusersyndikat für geeignet, da dies eine Nutzer_innenorientierte Immobilienentwicklung fördert und zugleich den sozialen Auftrag absichert.
Um die Nutzer_inneninteressen mit den öffentlichen Interessen zu verzahnen, schlägt die Mietergemeinschaft die Erörterung eines Erbpachtmodells vor. Mit der Erbpacht bleibt der öffentliche Zugriff auf den Grund und Boden bestehen und es können damit Binnenwirkungen erzielt werden. Im Erbpachtvertrag können z.B. Nutzungen festgelegt werden.
Zudem könnten Belegungsbindungen in das Grundbuch aufgenommen werden. In die Vermietung von Gewerbeflächen könnten andere Akteure wie z.B. der Bund bildender Künstler eingebunden werden, um eine bedarfsgerechte Vermietung sicher zu stellen.
Zudem sind Möglichkeiten zu prüfen, ob innerhalb städtischer Wohnungsbaugesellschaften Selbstverwaltungsmodelle entwickelt werden können. Diese könnten auch dazu beitragen, den sozialen Auftrag der Wohnungsbaugesellschaften abzusichern.
Eigentümer/Eigentumsverhältnis:
Liegenschaftsfonds
Angaben zur Lage, Größe:
Der Rudolfkiez ist ein Viertel im Berliner Stadtteil Friedrichshain und damit im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Das Objekt hat ca. 500 m² Grundfläche / ca. 2.000 m² vermietbare Fläche, davon 65% Gewerbe
Verkehrswert/Vergabeverfahren/geplantes Vergabeverfahren:
Unbekannt
Einreichung und Präsentation durch
Name: Stephan Andreas, Enrico Knorr , Robert Burghardt
Organisation: Mietergemeinschaft Rudolf Lehmbruck e.V., Anschrift: Lehmbruckstr. 2, 10245 Berlin, Mail:
mietergemeinschaft-rl@nulloutlook.de
Datum der Einreichung: 16. März 2014
Präsentation beim Runden Tisch am: 18. März 2014