Ehemalige Polizeiwache – Rathausstrasse 12, Lichtenberg

Problemlage:

Die ehemalige Polizeidirektion steht seit Februar 2012 leer. Im Oktober 2012 ist das (damals) reguläre Bieterverfahren ausgesetzt worden. Mittlerweile ist relativ sicher, dass dieses Objekt über ein Konzeptverfahren mit Festpreis (Verkehrswert) vergeben werden soll. Informationsquelle zum geplanten Konzeptverfahren: Lichtenberger Stadtrat für Immobilien Dr. Andreas Prüfer (siehe Vorstellung zur Langen Nacht der Politik in Lichtenberg 2013)

Liegenschaftspolitische Forderung:

Das Objekt Rathausstrasse 12 könnte demnach zu einem Vorzeigebeispiel der „Neuen Liegenschaftspolitik“ werden. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Gleichwohl sieht das Verfahren (soweit wir wissen) auch die Möglichkeit vor, konzeptionelle Ausgestaltung durch finanzielle Ausgleichzahlungen zu umgehen/überbieten. Wir sehen darin die Gefahr, dass damit die grundsätzliche Intention des Konzeptverfahrens negiert wird. Der Runde Tisch sollte dazu Informationen einholen und ggf. intervenieren. Ziel muss es sein eine „Mogelpackung“ zu verhindern. Darüber hinaus sollte es das Ziel des Runden Tisches sein, dass VertreterInnen der Zivilgesellschaft ein Stimmrecht innerhalb des Entscheidungsgremiums (Steuerungsausschuss) erhalten.

Eigentümer/Eigentumsverhältnis:

BIM; Vergabe über den Liegenschaftfond

Angaben zur Lage, Größe:

Alt-Lichtenberg; Nahe S-U-Frankfurter Allee; 6.000 m² Grundstück; drei Gebäude mit 2.500 m² Fläche (Hauptgebäude;  Seitengebäude; freistehendes Gartenhaus –nicht denkmalgeschützt), Verkehrswert ca. 200€/m²

Vergabeverfahren/geplantes Vergabeverfahren:

Konzeptverfahren

Einreichung und Präsentation durch
Name Lisa Schubert
Organisation: Rathausstern Lichtenberg e.V.
Anschrift: Zellestr. 15, 10247 Berlin
Mail: rathausstern@nullberlin.de
Homepage: www.rathausstern-lichtenberg.de

Datum der Einreichung: 17.06.2013
Präsentation beim Runden Tisch am: 20.06.2013

Ergänzungen am 11. Runden Tisch, 04.11.2014

Vertreter der Initiative Rathaussterne präsentieren das Konzeptverfahren und stellen ihre Kritikpunkte an dem Verfahren vor.

Was
(Bis) wannKritik (nicht vollständig)
Phase 1:
TEILNAHMEWETTBERWERB
Unterlagen veröffentlicht:
1.10.2013
Es wurden keine genauen Kriterien für die 2. Phase mitgeteilt ­ d.h. es ist keine komplette Ausschreibung des Verfahrens
Angaben zum BewerberAbgabe bis 29.11.2013
Handelsregisterauszug oder vergleichbares (datierend maximal 3 Monate vor Einreichung des Teilnahmeantrags)Abgabe bis 29.11.2013
Erklärung zum Nichtvorliegen von AusschlussgründenAbgabe bis 29.11.2013
Angaben zu Umsatz oder zu wirtschaftl. Verhältnissen in den letzten 5 abgeschl. Geschäftsjahren (F6)Abgabe bis 29.11.2013
Nachweis über verfügbares Eigenkapital von min. 7 Mio €Abgabe bis 29.11.2013– ­Summe willkürlich festgelegt,
– ­da unverbindlich, dient es evt. nur zur Abschreckung
Referenzen zu durchgeführten Projektentwicklungen, nach Art und
Umfang (min. 5 Mio €) vergleichbar
Abgabe bis 29.11.2013Ausschlusskriterium für Erstentwickler? Die Bewertung der Referenzen ist unklar geblieben
Schlusstermin für die Anforderung von Unterlagen oder die
Einsichtnahme: 21.11.2013 ­ 12:00
Phase 2:
VERHANDLUNGSVERFAHREN
Einzelheiten zum Verhandlungsverfahren werden mit Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gegebenInfo, dass wir weiter sind:
07.01.2014
Eingang der weiteren Unterlagen:
20.03.2014
Indikatives Angebot:
-­ Bekanntgabe weiter vertragl.­liegenschaftl. Rahmenbedingung
– Entwurf eines Grundstückkaufvertrags
-­ Start der Frist zur Abgabe eines Angebots
Abgabe bis 30.04.2014
Verhandlungsphase
-­ Einladung zu persönlichem Verhandlungsgespräch
22.05.14– ­Inhalt und Anzahl der Verhandlungsgespräche war nicht deutlich, Vorbereitung war daher schwierig. ­
– Ein einziges Treffen ist keine Verhandlungphase und benachteiligt Nicht­professionelle
Abgabe letztes Angebot ­ vollständig, bedingungs­ und vorbehaltsfrei und fristgerecht in notariell beurkundeter Form in
einem verschlossenen Umschlag
Abgabe bis 01.08.2014– ­Notarielle Beurkundung ist unnötiger Kostenaufwand
AUS DEM KAUFVERTRAG
Kaufpreis (Mind. 1,4 Mio.)zu zahlen innerhalb von 1 Monat zzgl. 2 Wochen Nachfrist mit 8% Zinsen– ­Kaufpreis während der Verhandlung erhöht
Fristen:
– Vermessung: 5 Monate ab Ablauf der Aufschiebenden Bedingung (§16)
-­ Bauantrag: 6 Monate ab Ablauf der Aufschiebenden Bedingung (§16)
-­ Baurealisierung: Siehe Bewertungskriterium
– Mietpreisbindung: 5 Jahre ab Baufertigstellung
– Kitabetrieb: 10 Jahre ab Baufertigstellung + 5 Jahre
Anschlussfrist
– ­Kritik an der Höhe und Ausgestaltung der Bürgschaftsbedingungen
Altlasten:
-­ wenn gefunden und gemeldet binnen 6 Monaten …
-­ Käufer trägt bis 5 % von Kaufpreis
-­ dann LiFo 50% von Kaufpreis
Kritik noch nicht ausgearbeitet
Kosten des Verfahrens (ohne Arbeitsleistung der Inni)
Kosten Anwaltca. 2.000 €
Kosten Architektenca. 3.000 €
Wertgutachten Bankca. 5.000 €
GmbH ­Gründungca. 400 €
Notarkosten Kaufvertragca. 3.000 €

Forderungen der Initiative

1. Wir fordern Transparenz und öffendliche Beteiligung!

Ziel des Verfahrens muss im vorhinein politisch klar sein, d.h. transparent und konkret. Eine Verschiebung des Ziel während des Vergabezeitraums sollte vermieden werden.

  1. Bei einer Neuauflage dieser Art von Vergabe sollte Klarheit über die an der Ausarbeitung, Durchführung und Entscheidung involvierten Gremien und deren personelle Zusammensetzung geschaffen werden.
  2. Die interessierte Öffentlichkeit sollte mindestens vor einer Entscheidung über die Vergabekriterien und wieder vor der Vergabeentscheidung einbezogen werden.

2. Wir fordern eine Berücksichtigung der Dauer der Mietpreisbindung!

Neben dem Mietpreis und der preisgebundenen Fläche halten wir die Aufnahme eines Kriteriums der Dauer der Mietpreisbindung für essentiell! Die bisherige Praxis einer fixen, 5–jährigen Mietpreisbindung ist für eine nachhaltige sozialräumliche Entwicklung absolut unzureichend. Die Dauer der Mietpreisbindung ist im Hinblick auf die spekulative Nutzung von Wohnraum von entscheidender Bedeutung. Auch die gesetzlichen Schranken einer Erhöhung des Mietzinses können dieser Gefahr nur unzureichend begegnen.

Insbesondere die sog. Mietpreisbremse für Neuvermietungen greift hier nicht. Da Neubauten und Komplettsanierungen von dieser Regelung ausgenommen sind und das Vergabeverfahren auf die Schaffung neuen Wohnraums ausgelegt ist entsteht nach dem auslaufen der 5–jährigen Mietpreisbindung ein nahezu nach oben offener Raum für Mietsteigerungen bei Neuvermietungen. Auch bestehende Mietverträge können und werden um die möglichen 15 Prozent in 3 Jahren erhöht werden. Die bisherige Regelung ermöglicht potentiellen Investoren ein Geschäftsmodell, in dem überdurchschnittliche Mieterhöhungen nach Ablauf der Bindungsfrist – und somit die Verdrängung sozial schwächerer Haushalte – eine Zwangsläufigkeit darstellt.

Die Laufzeit der Mietpreisbindung muss ein maßgebliches, in die Bewertung eingehendes Kriterium der Vergabe werden! (Beispiel: Gutleutmatten Freiburg)

3. Wir fordern eine Berücksichtigung weiterer Aspekte der zukünftigen Wohnvermietung!

  1. Bei der Vergabe wurden Aspekte von barrierefreiem Bauen nicht berücksichtigt. Dies ist vor dem Hintergrund der Bedeutung von Inklusion nicht nachvollziehbar.
  2. Die Festsetzung von Obergrenzen für preisgebundenen Wohnraum ist nicht gleichbedeutend mit einer sozialen Vermischung. So kann dadurch nicht gesichert werden, welche Klientel von den preisgünstigen Mieten profitiert. Im ungünstigsten Fall werden die entstehenden Wohnungen an Menschen vergeben, die sich teureren Wohnraum durchaus leisten könnten.

Dementsprechend sollte eine Regelung gefunden werden, die etwa Arbeitslosengeld II–EmpfängerInnen (im vollen Bezug) oder auch Geflüchteten einen angemessenen Anteil des geschaffenen Wohnraums zur Verfügung stellt.

4. Wir fordern eine Berücksichtigung soziokultureller Rendite/nachhaltige Stadtentwicklung!

Der Bedarf an Wohnraum kann nicht zulasten der soziokulturellen Angebote gedeckt werden, auch diese gehören zur Darseinsvorsorge und sind bei steigendem Mietniveau von Verdrängung betroffen. Dieser Bedarf muss lokal gedeckt  werden, daher ist bei der Kriterienerstellung und Bewertung mindestens der Bezirk, eigentlich aber zusätzlich ein lokales Bürgergremium miteinzubeziehen. Innovative Ideen mit soziokulturellem Bezug zur Liegenschaft und der Umgebung  sollen in der Vergabe berücksichtigt werden.

5. Wir fordern eine Vergabe zum Festpreis, der sich am Bodenrichtwert orientiert!

Die Einzelwertung des Kaufpreises entsprach in dem Verfahren für die Rathausstr. 12 der Wertung der beiden konzeptionellen Kriterien (Kita und architektonisches Gesamtkonzept) zusammen und war damit das meistgewichtete Einzelkriterium. Wenn der Kaufpreis eine entscheidende Rolle spielt, wird das gesamte Verfahren ad absurdum geführt. Um ein ‘Konzeptverfahren’ zu gewährleisten sollte ein Festpreis, der sich am Bodenrichtwert orientiert, gesetzt werden. Die Orientierung am relativ geringen Bodenrichtwert ermöglicht auch weniger finanzstarken, aber sehr engagierten Initiativen eine konkurrenzfähige Ausgangsposition. Jenseits von kurzfristigen finanziellen Erträgen könnten Stadt, Bezirke und Kieze so nachhaltig eine „sozokulturelle Rendite“ erzielen.

6. Wir fordern die Ermöglichung einer preisgünstigeren Teilnahme am Vergabeverfahren!

Aufgrund der Anforderungen des Verfahrens sind die entstehenden Kosten für eine Beteiligung unangemessen hoch.Um einen systematischen Ausschluss von weniger finanzstarken Initiativen zu begegnen sollte das Verfahren so verändert werden, dass die entstehenden Kosten geringer werden.

  1. Es ist nicht erforderlich, dass jeder Bewerber ein notariell beglaubigtes Angebot abgeben muss. Ähnlich wie bei üblichen Vergabeverfahren zum Höchstpreis sind andere Wege denkbar.
  2. Es ist nicht erforderlich, dass eine Bürgschaftsleistung nur über ein Finanzinstitut mit dementsprechenden Bereitstellungszinsen erbrachtwerden kann.
  3. 100% Finanzierungszusagen von Kreditinstituten sind für Initiativen oder Baugruppen fast unmöglich, da diese genehmigungsfähige Baupläne vorraussetzen, die widerum 40% der Gesamtplanungskosten ausmachen

7. Wir fordern längere Fristen!

Die gegebenen zwei Monate für die erste Stufe des Verfahrens reichen ehrenamtlich arbeitenden Initiativen nicht aus, um die Ausschreibung in Gänze zu verstehen, sich Details von ExpertInnen erläutern zu lassen und den entsprechenden Anforderungen zu erfüllen. Dies verstehen wir als strukturelle Benachteiligung möglicher BewerberInnenkreise. Auch die zweite Stufe erscheint aufgrund der notwendigen Parallelverhandlungen mit der Bank oder Nachunternehmern als deutlich zu kurz. Zur einjährigen Ausarbeitung des Kriterienkatalogs stehen diese in keinem nachvollziehbaren Verhältnis.
Wir fordern für zukünftige Konzeptverfahren Fristen derart zu setzen, dass auch BewerberInnen, die sich nicht  hauptberuflich mit den im Rahmen der Bewerbung zu ergreifenden Maßnahmen beschäftigen, eine faire Chance der Beteiligung erhalten.